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Das UNO-Entwicklungsprogramm ist unverzichtbar

DEZA-Kürzungen beim UNDP schaden den Ärmsten, aber auch der Schweiz
VON: Patrik Berlinger - 14. Februar 2025
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Für die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) ist das UNO-Entwicklungsprogramm (UNDP) der wichtigste Partner der Vereinten Nationen. Die Schweiz ist Gründungsmitglied und gehört zu den Top 10-Geldgebern. Nun führen die vom Parlament beschlossenen Kürzungen bei der Internationalen Zusammenarbeit (IZA) dazu, dass beim UNDP wichtige Gelder wegbrechen. Für die Schweiz könnte das zum Eigentor werden. 

In der Wintersession 2024 kam es zu weitreichenden Kürzungen bei der Internationalen Zusammenarbeit (IZA). Vor wenigen Tagen verkündete das Aussendepartement (EDA): Die Kürzungen bei der IZA betreffen auch die Unterstützung vieler internationaler Institutionen. So zum Beispiel das UNO-Entwicklungsprogramm (UNDP), das in den kommenden Jahren mit 20 Prozent weniger Finanzmitteln aus der Schweiz auskommen muss. 

Seit Jahren und auch im Rahmen der neuen IZA-Strategie 2025-2028 unterstützt die Schweiz das UNDP. Es handelt sich für die Schweiz um eine der insgesamt 24 «prioritären multilateralen Organisationen». Für die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) ist das UNDP gar der wichtigste UNO-Partner. Lagen die jährlichen Beitragszahlungen in früheren Jahren noch bei knapp 50 Millionen Franken, sinken diese mit den beschlossenen Kürzungen 2025 auf etwas über 30 Millionen. Die Kürzungen werden beim UNDP mit Besorgnis zur Kenntnis genommen. 

Gute Gründe, engagiert zu bleiben 

Das UNDP ist zentral für die Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Es trägt insbesondere zu den Nachhaltigkeitszielen 1 (keine Armut), 10 (weniger Ungleichheiten) und 16 (Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen) bei. Angesichts der miserablen Zwischenbilanz bei Halbzeit der Agenda bleibt der Handlungsdruck enorm, ärmeren Regierungen bei der Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele (SDG) weiterhin finanziell und mit entwicklungspolitischem Engagement unter die Arme zu greifen

Mit ihrer Präsenz in 170 Ländern verfügt die Entwicklungsorganisation über das grösste Aussennetz innerhalb der Vereinten Nationen und verbessert das Leben von Millionen von Menschen weltweit. Das UNDP unterstützt arme und fragile Länder in demokratischer Regierungsführung (transparente Wahlprozesse, Stärkung von Frauen in politischen Gremien etc.) und bei der Stärkung von institutionellen Kapazitäten (effektive öffentliche Dienste, effiziente bürokratische Abläufe etc.) sowie bei der Katastrophenvorsorge, der Krisenbewältigung und der Anpassung an die negativen Folgen der Klimaveränderung. 

Durch die Zusammenarbeit mit dem Kapitalentwicklungsfonds der UNO, dem sogenannten UNCDF, verfügt das UNDP zudem über ein Instrument, das den Menschen in den ärmsten und fragilen Ländern (Least Developed Countries, LDC) einen erschwinglichen und effektiven Zugang zu lokaler Entwicklungsfinanzierung verschafft. Angesichts der zentralen Rolle von Kleinbauern, Kleinst- und Kleinunternehmen und lokalen Regierungen in der weltweiten Nahrungsmittelproduktion mobilisiert der UNCDF z.B. Kapital für Investitionen in nachhaltige Ernährungssysteme und die Ernährungssicherheit. Der UNCDF setzt auch zinsgünstige Darlehen, Zuschüsse und Garantien zur Förderung von umweltbewussten Kleinunternehmen und naturverträglichen Energieprojekten ein, um Treibhausgasemissionen zu reduzieren, die biologische Vielfalt zu schützen und ein nachhaltiges und inklusives Wirtschaftswachstum zu fördern. 

Im Einklang mit den Schweizer IZA-Zielen 

Die Prioritäten des UNDP stehen im Einklang mit den vier Zielen der Schweizer IZA: (1) Leben retten und den Zugang zu einer guten Grundversorgung unterstützen, (2) zu einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung und zur Schaffung von menschenwürdigen Arbeitsplätzen beitragen, (3) sicherstellen einer umweltfreundlichen und gegenüber dem Klimawandel widerstandsfähigen Entwicklung, (4) Frieden und Menschenrechte fördern sowie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit stärken. 

Nicht nur profitiert die Schweiz durch die Finanzierung der UNDP von den dadurch erzielten Entwicklungserfolgen in ärmeren Ländern. Indem die Schweiz im Verwaltungsorgan des UNDP vertreten ist, kann sie sich direkt einbringen und wichtige Entscheidungen beeinflussen. Schweizerische Anliegen, bei denen wir besonders stark sind, finden Eingang in die Arbeit, z.B. in den Bereichen Konfliktprävention, Rechtsstaatlichkeit und Stärkung von staatlichen Institutionen, oder in der Verbesserung des Zugangs der Ärmsten zu inklusiven Finanzmärkten und zu lokaler Entwicklungsfinanzierung. Nicht zuletzt dank kontinuierlicher und verlässlicher Unterstützung aus Ländern wie der Schweiz gilt das UNDP als äusserst transparente, effiziente und wirkungsvolle Organisation. 

Zieht sich die Schweiz zurück, schwindet auch ihr Einfluss 

Trotz historischer Fortschritte in der Armutsbekämpfung leben nach wie vor rund 800 Millionen Menschen weltweit in extremer Armut. Die internationale Gemeinschaft, darunter die Schweiz, hat sich verpflichtet, alles dafür zu tun, um die Armut bis 2030 zu beseitigen. Mit einer finanziell geschwächten UNO rückt die Umsetzung der Agenda 2030 in den ärmsten Ländern in noch weitere Ferne, was im Endeffekt auch negative Folgen für Länder wie die Schweiz hat. 

Genf ist Standort eines der fünf globalen Verbindungsbüros des UNDP. Diese Präsenz neben einer Vielzahl weiterer weltweit tätiger Akteure bietet die Möglichkeit, die Kooperation zwischen internationalen Organisationen, der schweizerischen Regierung und den Regierungen Europas, zivilgesellschaftlichen NGOs und der Wissenschaft voranzubringen. In Anbetracht der gegenwärtigen Entwicklungen in den USA ist das zwingend nötig. Die Einsparungen beim UNDP sind daher nicht nachvollziehbar, und kommen zum falschen Zeitpunkt. 

Eine Schwächung des UNDP läuft den Interessen der Schweiz an stabiler, gerechter und nachhaltiger Entwicklung zuwider. Angesprochen auf die sinkenden Beiträge aus der Schweiz sagte Achim Steiner, Leiter des UNDP, unlängst im Interview mit Alliance Sud: «Die Handlungsspielräume der kleinen Länder tendieren ohne die Vereinten Nationen in Krisengebieten gegen Null. Die Schweiz hat seit ihrem Beitritt zur UNO eine strategische Rolle gespielt. Wenn sie sich zurückzieht, schwinden auch ihre Reputation und ihr Einfluss.»   

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