Der Nationalrat hat heute eine Motion zur Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Ukraine-Hilfe abgelehnt. Der Bundesrat möchte trotzdem weiterhin einen Staatsvertrag durch-boxen. Alliance Sud fordert mehr Transparenz und klare Regeln, damit die Unterstützung für den Wiederaufbau der Ukraine die lokale Wirtschaft stärkt und Entwicklungsgelder nicht zur Förderung von Schweizer Unternehmen zweckentfremdet werden.
Medienmitteilung des entwicklungspolitischen Kompetenzzentrums Alliance Sud, das von Helvetas und anderen grossen Schweizer Hilfswerken getragen wird.
Nachdem der Ständerat gestern eine Motion angenommen hat, welche die Schaffung einer gesetzli-chen Grundlage für die Ukraine-Hilfe fordert, wurde eine gleichlautende Motion heute vom Nationalrat abgelehnt. Auch wenn die angenommene Motion des Ständerats nun noch einmal vom Nationalrat beraten werden muss, hat der Bundesrat bereits klargemacht, dass die Vorbereitungen für einen Staatsvertrag, welcher die finanzielle Unterstützung von Schweizer Unternehmen regeln soll, weiter-geführt werden und dass dieser auch bei Annahme der Motion durch beide Räte im Sommer abge-schlossen werde.
Auch wenn die Ukraine bei der Ausgestaltung des Staatsvertrags mitreden darf, hat sie doch keine Wahl, was die Art der Unterstützung angeht – der Bundesrat hat bereits im Vorfeld 500 Millionen CHF aus dem Budget der Entwicklungszusammenarbeit reserviert, um Schweizer Unternehmen zu unter-stützen. Damit kehrt die Schweiz zur mittlerweile verpönten Strategie der gebundenen Hilfe („tied aid“) zurück, was bedeutet, dass Entwicklungsgelder an die Bedingung der Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen aus den Geberländern geknüpft werden. Dies ist nicht nur paternalistisch, sondern schadet auch der lokalen Wirtschaft und kostet im Durchschnitt mindestens 15-30% mehr als eine freie Wahl der Anbieter durch die Länder selbst.
Auch andere Länder, wie beispielsweise Frankreich, unterstützen ihre Unternehmen beim Wiederauf-bau der Ukraine; jedoch ist die Schweiz das einzige europäische Land, das dies aus dem bereits stark zusammengeschrumpften Entwicklungsbudget finanziert. Alliance Sud setzt sich weiterhin dafür ein, dass für den Wiederaufbau der Ukraine und vor allem für die Zusammenarbeit mit dem Schweizer Privatsektor zusätzliche Mittel ausserhalb der Entwicklungszusammenarbeit gesprochen werden. Zudem fordert Alliance Sud vom Bundesrat volle Transparenz bezüglich des Staatsvertrags und der Auswahl der Schweizer Firmen, welche Förderbeiträge erhalten sollen. Es sollen nur Firmen unter-stützt werden, die Güter und Dienstleistungen anbieten, die nicht von ukrainischen Firmen angeboten werden können. Ausserdem müssen alle finanzierten Projekte einen klaren entwicklungsrelevanten Mehrwert bieten, strikte Kriterien bezüglich Nachhaltigkeit, Korruptionsbekämpfung und Menschen-rechten befolgen und zur Erreichung der Pariser Klimaziele beitragen.
Für weitere Informationen:
Laurent Matile, Experte für Unternehmen und Entwicklung, Tel. +41 22 901 14 81, laurent.matile@alliancesud.ch
Kristina Lanz, Expertin für internationale Zusammenarbeit, Tel. +41 31 390 93 40, kristina.lanz@alliancesud.ch