Kirgistans Weg zu einem nachhaltigen Tourismusziel

Die zunehmenden Touristenströme bergen Gefahren für die empfindlichen Ökosysteme Kirgistans. Mit dem Projekt Greentour fördert Helvetas gezielt den nachhaltigen Tourismus – auch mit dem Anreiz von Zertifikaten.
VON: Kathrin Krämer - 01. Februar 2023

Bedrohung der Ökosysteme

Das touristische Angebot Kirgistans ist weitgehend auf die natürlichen Attraktionen des Landes – die Berge, Flüsse, Gletscher und Seen – ausgerichtet. In den letzten Jahren wurden grosse Anstrengungen unternommen, um mehr Besucher:innen anzulocken. Das birgt jedoch Risiken: Denn mit zunehmenden Touristenströmen, wachsenden Investitionen und weil Nachhaltigkeit dabei oft unberücksichtigt bleibt, sind Wasser- und Bodenverschmutzung nur zwei der Herausforderungen des zentraliasiatischen Landes. Sie stellen eine Bedrohung für die empfindlichen Ökosysteme dar.

Das Projekt Greentour

Helvetas setzt in Kirgistan seit drei Jahren das Projekt Greentour um. Dieses anerkennt, dass der Tourismus wichtige Verbindungen zwischen verschiedenen Sektoren schafft und der Tourismus Potenzial als starker Wirtschaftsmotor für Kirgistan hat. 

Greentour bietet Schulungen und Weiterbildungen in Nachhaltigkeitsmanagement für Reiserveranstalter, aber auch alle anderen in den Tourismus involvierten Akteure an. Zudem arbeitet Greentour mit den Zulieferern der Reiseveranstalter (Hotels, Reiseleiter:innen, Ausflugsanbieter, Hersteller von Lebensmitteln und Kunsthandwerk), um das Personalzu schulen und zu motivieren, Nachhaltigkeitsprinzipien in ihre Abläufe und Dienstleistungen zu integrieren. Darüber hinaus können Reiseveranstalter begehrte Zertfikate erlangen, die die nachhaltige Qualität ihrer Geschäftstätigkeit aufzeigen, allen voran das global anerkannte Travelife-Gütesiegel. 

Nachhaltigkeit in der Praxis

Greentour fördert die Entwicklung Kirgistans zu einem nachhaltigen Reiseziel, indem die Reiseveranstalter unter anderem folgende Massnahmen umsetzen:

  • Einwegbesteck und -utensilien durch wiederverwendbare Utensilien ersetzen. Damit kann der Plastikverbrauch eines Unternehmens um bis zu 90 % reduziert werden.
  • alle Firmenfahrzeuge mit Flüssiggas betreiben.
  • die durch die Touren verursachten CO2-Emissionen berechnen.
  • sich zur Wahl von verantwortungsvollen Lieferanten verpflichten.
  • Menschenrechts- und Kindersicherheitsstandards in die Lieferantenverträge aufnehmen.
  • die Richtlinie zur Begrenzung der Arbeitszeiten von Nutztieren einhalten
  • alle Zulieferer und Geschäftspartner über die eigenen Nachhaltigkeitsrichtlinien informieren und diese proaktiv ermutigen, eine Nachhaltigkeitszertifizierung anzustreben.
  • das Personal ins Erarbeiten einer Nachhaltigkeitspolitik einbeziehen und Weiterbildungsmöglichkeiten zum Thema nachhaltiger Tourismus anbieten.
  • dafür sorgen, dass möglichst 100% der Arbeitenden (Fahrerinnen, Reiseleiter, Trägerinnen, Verkäufer) lokal ansässige Personen sind.
  • die Einhaltung von Richtlinien für eine faire Bezahlung und menschenwürdige Arbeitsbedingungen der Angestellten gewährleisten. 
  • authentische kulturelle Touren entwickeln, die lokale Unternehmen unterstützen; einschliesslich Abendessen oder Mittagessen bei lokalen Familien.
In den Greentour-Workshops haben die Vertreter von Reiseveranstaltern und Beherbergungsbetrieben die Möglichkeit, nicht nur etwas über nachhaltigen Tourismus und nachhaltiges Management zu lernen, sondern auch ihre Erfahrungen und ihr Wissen auszutauschen und sich mit potenziellen Partnern zu vernetzen.
1/4
Entsorgung von 6,8 Tonnen Müll. Im August 2020 unterstützte das Projekt die Initiative der Abteilung für Tourismus des Ministeriums für Kultur, Information und Tourismus zur Sammlung und Entsorgung von Müll auf dem Gebiet des Lenin-Gipfels, einer der Haupttouristenattraktionen des südlichen Teils des Landes.
2/4
Greentour supports women artisans by integrating their process and products into tours.  | © Meder Myrzaev
Greentour unterstützt lokale Kunsthandwerker:innen, indem es Reiseveranstalter belohnt, die deren Arbeit und Produkte in die Reisen integrieren. © Meder Myrzaev
3/4
A Greentour workshop on sustainable packaging brought together artisans from all regions of Kyrgyzstan. | © K. Sultanbaev
Ein Greentour-Workshop über nachhaltige Verpackungen bringt Kunsthandwerker:innen aus allen Regionen Kirgistans zusammen. © K. Sultanbaev
4/4

Ein preisgekröntes Projekt

Trotz Unterbrüchen und Schwierigkeiten während der Corona-Pandemie, die den Tourismus in Kirgistan empfindlich getroffen hat, sind durch Greentour bereits über 800 Anbieter des Tourismussektors in den Grundsätzen und Aspekten der Nachhaltigkeit geschult worden. 21 Reiseveranstalter haben den Status eines Travelife-Partners erhalten – eine Zertifizierung, die ihr Engagement für Nachhaltigkeit und die Integration nachhaltiger Tourismuspraktiken in ihr Angebot und ihren Betrieb bestätigt. 2021 wurde das Greentour-Projekt vom kirgisischen Verband der Reiseveranstalter als bestes Entwicklungsprojekt im Tourismus ausgezeichnet.

Am 27. September 2022, dem Welttourismustag, stellte die Green Destinations Platform die Top 100-Liste der «Good Practice Stories» aus aller Welt vor, in der innovative und wirksame Initiativen und Projekte von Reisezielen, die sich für eine nachhaltigere Entwicklung auf der ganzen Welt einsetzen, vorgestellt und gefördert werden. Kirgistan war bei dieser Veranstaltung durch ein gemeinsames Team zweier von Helvetas durchgeführter Projekte – Greentour und Bai Alay – vertreten, die von der Europäischen Union bzw. der Schweizer Regierung finanziert werden. Die kirgisische Region Alay hat in Anerkennung ihrer Bemühungen um einen verantwortungsvollen Tourismus und seiner besonderen Attraktivität einen Platz unter den 2022 Green Destinations Top 100 Stories erhalten. Eine tolle Bestätigung und Motivation für die Region Alay und Kirgistan, weitere Erfolge auf dem Weg zu einem nachhaltigen Tourismusziel anzustreben.