Jeder Hieb mit dem Pickel wirbelt Staub auf, doch der Graben muss noch tiefer werden. Seit einem halben Jahr bewirtschaftet Korotimi Kamaté im kleinen Dorf Somo ihren eigenen Garten. Einen grünen Daumen hatte sie schon immer. Das Handwerk hingegen erlernte sie in einem Gartenbaukurs von Helvetas.
Wer hier überleben will, muss innovativ sein
Der Kurs ist Teil eines Landwirtschafts- und Ausbildungsprojekts, das Helvetas im Süden von Mali durchführt. Dabei geht es darum, Mangelernährung zu vermindern, die Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimaschwankungen zu stärken und jungen Menschen und Familien bessere Einkommen zu ermöglichen. Denn wer in der Sahelzone überleben will, muss innovativ sein: Es regnet immer weniger und unregelmässiger. Die einheimischen Kursleiter machen deshalb die Teilnehmerinnen mit Anbaumethoden vertraut, die nach langem Vergessen wiederentdeckt wurden – wie beispielsweise das Kompostieren.
Während dem Kurs wird im Hof sogleich ein Feld ausgesteckt, die Erde aufgehackt und gewässert. Immer unter Anleitung des Instruktors, der laufend verbessert und Tipps gibt, wie sich so viel wie möglich aus der kargen Erde herausholen lässt.
Wo Geschäftsideen spriessen
Nach drei Monaten Kurs folgt ein Praktikum, um das Gelernte zu vertiefen. Normalerweise hilft der Kursleiter den jungen Frauen und Männern, einen Praktikumsplatz zu organisieren. Bei Korotimi war das nicht nötig: Sie bat ihren Vater um ein Stück Land, um gleich mit ihrem eigenen Anbau anzufangen.
Schon während des Kurses hatte sie in einem Beet Sesam gezogen, abends Sesamgebäck hergestellt, das sie am nächsten Morgen, vor Schulbeginn, im Dorf verkaufte. So verdiente sie die acht Franken, ihren Beitrag an die Ausbildungskosten, selber. Vom Erfolg beflügelt, kaufte sie mit einer minimalen Starthilfe Okrasamen.
Heute ist der Garten eine hellgrüne Oase mitten in der dürren Landschaft. Korotimi ist stolz auf ihr Werk, besonders die Chilis haben es der jungen Frau aus Mali angetan. «Aber mit den Kartoffeln komme ich noch nicht klar.» Ambitioniert und experimentierfreudig wie sie war, hatte sie versucht sparsamer, aber auch schlauer zu sein als ihr Lehrer. Statt die Saatkartoffeln nur einmal durchzuschneiden, schnitt sie diese in kleine Stücke – in der Hoffnung auf mehr Ertrag. Gewachsen ist kaum etwas. Frustriert wandte sie sich an ihren Ausbildner. Jetzt halbiert Korotimi ihre Saatkartoffeln wieder, und im zweiten Anlauf scheint es besser zu funktionieren.
Die junge Frau geht oft ihren eigenen Weg. Mit ihren 24 Jahren lebt sie immer noch zuhause bei den Eltern. Das ist eine grosse Ausnahme im ländlichen Mali, wo Mädchen oft schon sehr jung verheiratet werden. Korotimi hat sich nie auf eine Ehe eingelassen, und sie hat das Glück, dass ihre Eltern sie in ihrer Ambition, auf eigenen Beinen zu stehen, unterstützen. Bildung ist im Haus Kamaté wichtig. Alle sechs Kinder haben die Schule abgeschlossen – wie es sich gehört in der Familie des ehemaligen Dorfschulleiters.
Schenken Sie Glück
Mit Muskelkraft und Erfindergeist
Wenn Korotimi mit einer Schüssel voller tiefroter Chilischoten auf den lokalen Markt in Somo gehen kann, ist sie zufrieden – aber noch nicht am Ziel. «Die Preise hier sind nicht so gut», erklärt sie. Noch kann sie es sich nicht leisten, auf weiter entfernte Märkte zu gehen, aber, da besteht kein Zweifel, das ist bei ihr nur eine Frage der Zeit. Denn ihr Ehrgeiz zeigt sich in vielen Details.
Zum Beispiel in der selber gebauten Bewässerung. In ihrem Garten gibt es ein Wasserloch, aus dem sie mit einem Kübel Wasser heraufholt. Nun ist auch klar, woher Korotimi ihre muskulösen Arme hat. Jeder Kübel wiegt fünf Kilo. Das Wasser schüttet sie in eine alte Tonne, die sie sich organisiert hat. Ist die Tonne voll, ist der Wasserdruck hoch genug, um mit dem Schlauch ihre Beete zu wässern.
Ihre ganze Arbeit erledigt Korotimi äusserst präzise. Beim Salatsetzen greift sie immer wieder zum Messband, um sicherzustellen, dass die Abstände zwischen den Furchen im Beet exakt stimmen. Und auch die Setzlinge pflanzt sie in genauer Distanz zueinander. Selbst dabei ist nicht zu übersehen: Hier weiss eine Frau genau, was sie will. Mit ihrem Garten. Mit ihrem Leben.
Korotimi will ihr Geschäft aufbauen. Ausbauen. Sie will genug produzieren, um auch grössere Märkte zu beliefern. Und sie will genug verdienen, um selber Arbeitsplätze zu schaffen. Auch, um die ganz anstrengenden Arbeiten irgendwann abgeben zu können. Und heiraten? «Ja», sagt Korotimi, einen Ehemann wünsche sie sich schon. «Aber einen, der mich respektiert und mich machen lässt. Und mutig muss er sein. Vor allem mutig.»