Erste Entschädigungen für klimabedingte Schäden

Etwas Hoffnung dank Geldern aus dem Loss & Damage Fund
VON: Patrik Berlinger - 24. April 2025

Arme Länder im globalen Süden leiden am meisten unter der Klimaveränderung und tragen die höchsten Kosten für Verluste und Schäden. Der eigens dafür eingerichtete Fonds bezahlt nun erste Gelder aus. Damit werden Projekte zur Schadensbewältigung nach klimabedingten Verwüstungen finanziert und Budgethilfen an Regierungen geleistet. Ein Erfolg der internationalen Klimapolitik. Und ein Schritt in Richtung Klimagerechtigkeit. 

Nach jahrelangen und zähen Verhandlungen einigten sich die Regierungen armer wie reicher Länder an der UN-Klimakonferenz 2022 (COP27) auf die Einrichtung eines neuen Fonds. Damit sollen vulnerable Entwicklungsländer bei der Bewältigung von klimabedingten Schäden und Verlusten infolge der Erderwärmung rasche und unkomplizierte Unterstützung erhalten. 

Schäden und Verluste meint dabei die Folgen des Klimawandels, an die sich die Menschen nicht mehr anpassen können: zerstörte Häuser und Brücken bei Überschwemmungen, Ernteausfälle wegen langanhaltenden Dürren oder überflutete Kulturstätten und Behausungen an Küsten aufgrund des steigenden Meeresspiegels. 

An der Klimakonferenz 2023 (COP28) wurde der «Loss and Damage-Fund» ins Leben gerufen. Die Gründung galt als Erfolg der Konferenz und wurde entsprechend gefeiert. Doch die Aufmerksamkeit richtete sich rasch auf die schwierige Aufgabe, den Fonds auch tatsächlich mit finanziellen Mitteln zu füllen, um ab diesem Jahr mit der Auszahlung von Geldern zu beginnen. 

Rasche, aber spärliche Zuwendungen 

Einzelne Regierungen kommunizierten gleich nach der Lancierung des Fonds erste Finanzierungszusagen. Die höchsten Pledges machten die Vereinigten Arabischen Emirate, das Gastgeberland der Konferenz, sowie die europäischen Industrieländer Italien, Deutschland, Frankreich und Grossbritannien. 

Die raschen Zusagen waren wichtig und wurden begrüsst, sie blieben aber deutlich unter den Erwartungen. UN-Generalsekretär António Guterres brachte die Stimmung unter den Beobachter:innen auf den Punkt, als er sagte, dass die anfängliche Kapitalisierung des Fonds «ein wesentliches Instrument zur Verwirklichung von Klimagerechtigkeit» sei, jedoch nicht annähernd ausreiche, um das Unrecht, das den Schwachen zugefügt werde, wieder gut zu machen. 

Was er damit meinte: Die Länder, die am wenigsten zu den Treibhausgas-Emissionen und damit zur Erderhitzung beitragen, sind am wenigsten dafür gerüstet, mit Dürren, Sturzfluten und dem Anstieg der Weltmeere fertig zu werden. Je weiter die Klimakrise voranschreitet, desto häufiger werden diese Ereignisse auftreten und desto gravierender werden die Folgen für diese Länder und die betroffenen Menschen sein. 

Erste Entscheide während der Initialphase 

Nach der grossen Erleichterung über die Lancierung des Fonds, verlor er bald etwas an Schwung. So wurden an der COP29 im vergangenen Jahr nur wenige neue Pledges eingereicht. Die Schweiz steht aussen vor; sie hat überhaupt keine Zusagen an den Fonds gemacht, obwohl sie kurz nach dessen Gründung noch verlauten liess, man «hätte sich gewünscht, dass alle Länder, die einen hohen Treibhausgas-Ausstoss und die finanziellen Mittel haben, zu Beiträgen aufgefordert werden». 

Der Vorstand des neu gegründeten UN-Fonds, bestehend aus zwölf Mitgliedern von sogenannt «entwickelten» Ländern und 14 Mitgliedern von sogenannten Entwicklungsländern, lässt sich davon allerdings nicht entmutigen. So beschloss er an einem dreitägigen Treffen im April 2025 auf Barbados, dass bald Zuschüsse zwischen fünf und 20 Millionen US-Dollar für Projekte in betroffenen Ländern gewährt werden, wobei die erste Genehmigungsrunde bereits für die nächste Vorstandssitzung geplant ist. Im Falle von Katastrophen sind auch direkte Budgethilfen für Sofortmassnahmen vorgesehen, wie z.B. die Bereitstellung von Notunterkünften für Vertriebene. Erwartet wird, dass aus dem Fonds bis Ende 2026 rund 250 Millionen US-Dollar für eine erste Reihe von Massnahmen fliessen werden.  

Einig ist man sich auch, dass kleine Inselstaaten (Small Island Developing States, SIDS) und die am wenigsten entwickelten Länder der Welt (Least Developed Countries, LDC) während der Anfangsphase mindestens die Hälfte der Fondsmittel erhalten sollen. Dabei sei entscheidend, dass die betroffenen Gemeinden an vorderster Front nicht nur Hilfe von aussen erhalten, sondern auch direkten und selbstbestimmten Zugang zu den Ressourcen erhalten («direct access») und in die Entscheide beim Wiederaufbau ihrer Lebensgrundlagen miteinbezogen werden. 

Über das Normale hinausdenken 

Die finanziellen Mittel, die dem Fonds derzeit zur Verfügung stehen, werden allerdings durch die eskalierenden Kosten der Klimaschäden in den Schatten gestellt. Und obwohl dem Fonds 763 Millionen US-Dollar zugesagt wurden, haben die Regierungen bislang lediglich 321 Millionen tatsächlich einbezahlt. Die Kosten für Schäden und Verluste bis 2030 werden hingegen auf geschätzte 290 bis 580 Milliarden US-Dollar pro Jahr ansteigen. 

Der Leiter des Fonds, der senegalesische Bankier Ibrahima Cheikh Diong, stellte in Aussicht, bis Ende 2025 einen Plan zur Mobilisierung weiterer Mittel vorzulegen. Die Premierministerin von Barbados, Mia Mottley, will für die Finanzierung des weltweiten Klimaschutzes «über das Normale hinaus denken». Sie nannte Abgaben und Steuern auf Flüge, die Schifffahrt oder die Öl- und Gasförderung. Gerade die Verantwortlichen von Öl- und Gasunternehmen sollten sich endlich an der Diskussion beteiligen, wie die Branche Geld für den Klimaschutz beisteuern könne. Barbados führt gemeinsam mit Frankreich und Kenia den Vorsitz der «Global Solidarity Levies Task Force», die bis zur COP30 diesen November im brasilianischen Belém konkrete Vorschläge aufzeigen wird. 

Bei einem von Mottleys Vorschlägen, der verursachergerechten Abgabe auf die internationale Schifffahrt, wurden vor wenigen Tagen Fortschritte erzielt. Nach jahrelangen Verhandlungen haben sich die Mitgliedstaaten der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) auf ein globales Rahmenwerk zur Emissionsreduktion in der Schifffahrt geeinigt. Ab 2027 sollen verbindliche Kraftstoffstandards sowie ein globaler CO₂-Preis für die Schifffahrt eingeführt werden. Emissionsarme Schiffe sollen finanziell begünstigt werden, während dreckige Kompensationszahlungen leisten müssen. Mit den Einnahmen will die IMO Infrastrukturprojekte, die Forschung und den Technologietransfer in Länder des Globalen Südens unterstützen. Auch besonders verwundbare Länder, wie kleine Inselstaaten und die am wenigsten entwickelten Länder, sollen gezielte Hilfe erhalten. Zwar nicht für Loss and Damage, aber immerhin ... es tut sich was hinsichtlich Kostenwahrheit und verursachergerechter Abgaben. 

Patrik Berlinger | © Maurice K. Gruenig
Verantwortlicher Politische Kommunikation
© Manuel Elias / UN Photo

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