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Bern - 27. Juli 2016

OECD-Länderexamen: Schwarzgeld aus dem globalen Süden weiterhin willkommen

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Die nur knapp genügende Note der OECD zeigt: Die Schweizer Banken können mit Schwarzgeld aus Entwicklungsländern immer noch Profite machen. Nun sind National- und Ständerat gefordert. Sie müssen nicht zuletzt die Ausweitung der Steueramtshilfe auf gestohlene Daten einführen.

Medienmitteilung der entwicklungspolitischen Organisation Alliance Sud, die von Helvetas und anderen grossen Schweizer Hilfswerken getragen wird.

Der zweite Teil des Länderexamens durch das Global Forum für Steuertransparenz der OECD ist abgeschlossen. Der Bundesrat gab heute das Ergebnis bekannt. Das Global Forum beurteilt in seinem Bericht die Fortschritte der Schweiz auf dem Weg zu einer Weissgeldstrategie. Die Schweiz erhält darin die genügende Gesamtnote «weitgehend konform» (largely compliant). Das schmeichelhafte Resultat für die Schweiz ist aber leider kein Beweis für eine weltweit erfolgreiche Weissgeldstrategie, sondern Ausdruck der Dominanz der reichen Industrieländer in der OECD. Obwohl zahlreiche Entwicklungsländer im Global Forum vertreten sind, werden deren Interessen in der OECD nur ungenügend berücksichtigt. Die Entwicklungsländer hätten der Schweiz in Sachen Steuertransparenz wohl eine schlechtere Note gegeben.
 
Mit der Verwaltung von 3400 Milliarden Franken Auslandvermögen ist die Schweiz nach wie vor grösster Offshore-Finanzplatz der Welt. Für die Entwicklungsländer ist sie weiterhin eine Blackbox (vgl. Karte). Sie praktiziert eine Zebrastrategie: Weissgeld aus den reichen Industrieländern, Schwarzgeld aus den armen Entwicklungsländern. Für ärmere Länder sehen Bundesrat und Parlament keinen automatischen Informationsaustausch vor. Und auch die Steueramtshilfe auf Ersuchen funktioniert mit Entwicklungsländern bisher nur sehr ungenügend. Dafür gab es von der OECD heute denn auch nur ein «knapp genügend» (partially compliant). Bundesrat und Parlament haben es bisher versäumt, die Steueramtshilfe auf Ersuchen auszuweiten, die auf sogenannten gestohlenen Daten basieren. Alleine aus Indien liess die eidgenössische Steuerverwaltung bisher hunderte solcher Amtshilfegesuche unbeantwortet. Amtshilfegesuche, die auf geleakte Bankkundendaten zurückgehen, sind für Steuerbehörden in Entwicklungsländern aber in der Regel die einzige Möglichkeit, um an unversteuerte Gelder auf Schweizer Konten heranzukommen.
 
Nach langem Zögern hat der Bundesrat im Juni eine entsprechende Gesetzesänderung zuhanden des Parlamentes verabschiedet. Alliance Sud fordert neben der Ausweitung des automatischen Informationsaustausches auf möglichst viele Entwicklungsländer nun vom Parlament auch eine schnelle Ausweitung der Steueramtshilfe auf gestohlene Daten. National- und Ständerat würden damit nichts mehr als den absoluten Mindeststandard des OECD-Länderexamens erfüllen.

Weitere Informationen:
Dominik Gross, Finanzexperte Alliance Sud, 078 838 40 79
dominik.gross@alliancesud.ch