Fast eine Million Kinder, Frauen und Männer leben seit ihrer grausamen Vertreibung aus Myanmar vor drei Jahren unter prekären Verhältnissen im grössten Flüchtlingslager der Welt in Bangladesch. Jetzt bedroht auch noch Covid-19 den Alltag der Geflüchteten. Helvetas unterstützt die Menschen vor Ort.
So eng leben nirgends so viele Geflüchtete aufeinander. Und dies schon drei Jahren. Am 25. August 2020 jährt sich die grausame Vertreibung der Rohingya aus Myanmar zum dritten Mal. Rund eine Million Menschen leben seither in 34 Camps unter prekären Verhältnissen im weltweit grössten Flüchtlingslager und in umliegenden Dörfern mit der einheimischen Bevölkerung in Bangladesch bei Cox’s Bazar– ohne Zukunftsperspektive. Denn eine sichere Rückkehr in ihre Heimat Myanmar ist auch nach drei Jahren nicht absehbar.
Not und Perspektivlosigkeit haben durch die Corona-Pandemie weiter zugenommen. In einfachsten Hütten lebend, dicht auf dicht, mit wenigen Wasserzapfstellen und sanitären Anlagen ist es kaum möglich, Hygiene- und Abstandsregeln einzuhalten. Auch die medizinische Versorgung ist nicht ideal, Isolation und Quarantäne sind kaum möglich. Offiziell sind in der Region um Cox’s Bazar bisher über 3600 Covid-19-Fälle registriert (Stand: 17. August 2020) – darunter 79 Rohingya-Flüchtlinge. Die Dunkelziffer ist hoch. Bestätigt wurden bisher sechs Corona-Todesfälle im Flüchtlingslager. Es ist zu befürchten, dass Ansteckungen und schwere Verläufe zunehmen. Und dies bei Menschen, die bereits schwer traumatisiert sind von grausamer Gewalt.
Wie die Schweizer NGO die Schwächsten unterstützt
Die Schweizer NGO Helvetas, die seit sich seit 20 Jahren in Bangladesch engagiert und vor Ort gut verankert ist, unterstützt die Rohingya-Flüchtlinge seit ihrer Ankunft vor drei Jahren mit Lebensmitteln, Wasser, Sanitär- und Gesundheitsversorgung, Unterkünften und informeller Bildung – und nun auch im Kampf gegen das Virus. Von den Corona-Aktivitäten profitieren rund 160‘000 Rohingya sowie Einheimische, die in den Dörfern neben den Camps leben:
- Information, Aufklärung und Prävention: Helvetas hat schon im März die erste Aufklärungskampagne gestartet. Damit die Menschen in ihrer Sprache informiert werden und keine Ansteckungsgefahr durch Aussenstehende entsteht, hat Helvetas freiwillige Rohingya-Mitarbeitende geschult, die die Bevölkerung über die Krankheit, deren Ursache, Symptome und Übertragungswege sowie Präventionsmassnahmen aufklären. Sie verteilen Faltblätter mit einfach verständlichen Verhaltensregeln.
- Verteilung von Hygiene-Nothilfe-Artikeln: Helvetas verteilt via freiwillige Rohingya-Mitarbeitende zudem Gutscheine für Hygienesets, bestehend aus dem Nötigsten: einem 20-Liter-Eimer, einem 1,5-Liter-Gefäss zur Wasserentnahme, Seife mit Seifenschale, Desinfektionsmittel sowie Pulver zur Herstellung einer Desinfektionslösung. Die Flüchtlinge können das Material an Bezugsstellen abholen, wo sie auch Nahrungsmittel erhalten.
- Verteilung von Saatgut und finanzielle Nothilfe: Besonders bedürftige Familien hat Helvetas mit Saatgut und finanzieller Hilfe unterstützt.
- Verbesserung der Sanitäranlagen: Von Anfang an hat Helvetas zur Verbesserung der Hygiene- und Sanitärversorgung beigetragen und geholfen, Latrinen zu bauen. Nun hat die NGO dafür gesorgt, dass Gesundheitsposten im Lager über Handwaschstationen, Seife und Desinfektionsmittel verfügen und dass stark frequentierte Orte Handwaschstationen haben.
- Unterstützung beim Anbau von eigenem Gemüse: Helvetas fördert den Anbau von Gemüse auf und neben den einfachen Hütten, so dass sich die Flüchtlingsfamilien, die oft unter Fehl- oder Mangelernährung leiden, besser ernähren können, was auch ihr Immunsystem stärkt.
Hoffnungsschimmer – und neue Bedrohung
Trotz der schwierigen Umstände und dem sinkenden Interesse der Weltgemeinschaft am Schicksal dieser Menschen, sind die meisten Rohingya schlicht dankbar, nicht mehr an Leib und Leben gefährdet zu sein, sowie genügend Wasser und Nahrungsmittel zu haben. Sie hoffen, in ihr Heimatland zurückkehren zu können – unter menschenwürdigen Bedingungen.
Vorerst aber steht die Monsunzeit an; bereits sind infolge heftiger Regenfälle ganze Hüttenreihen weggeschwemmt worden. Helvetas und andere NGOs helfen auch diesbezüglich: Gefährdete Familien werden vorgewarnt und umgesiedelt.