Die Wintersession geht mit Millionenkürzungen im Zahlungsrahmen 2025-2028 (-151 Millionen CHF) und im Budget 2025 der Entwicklungszusammenarbeit (-110 Millionen) zu Ende. Die Entscheide des Parlaments werden auf Kosten der ärmsten Länder dramatische Konsequenzen haben und waren geprägt von vielen falschen Argumenten, kritisiert Andreas Missbach, Geschäftsleiter von Alliance Sud.
Medienmitteilung des entwicklungspolitischen Kompetenzzentrums Alliance Sud, das von Helvetas und anderen grossen Schweizer Hilfswerken getragen wird.
Das Geschacher für die Armee war geprägt von frei interpretierten Zahlen, falschen Argumenten und einem prozeduralen Trick. Einige Minuten lang hatten sich am 9. Dezember beide Räte gegen Kürzungen in den Zahlungsrahmen der IZA-Strategie 2025-2028 ausgesprochen. Der Nationalrat war mit Unterstützung der Mehrheit der Mitte bei 95 zu 94 Stimmen dem Ständerat gefolgt und lehnte alle Kürzungen ab. Doch dann geschah etwas, was zuvor noch nie geschehen ist. Die Ausgabenbremse wurde nicht gelöst. Denn bei Budgetentscheiden über 20 Millionen muss das Parlament diese immer in einem separaten Beschluss lösen, normalerweise eine Routineangelegenheit. Für diesen Entscheid gilt zudem das absolute Mehr, das heisst es braucht im Nationalrat 101 Ja-Stimmen, Enthaltungen zählen als Nein. Es fehlten nur gerade zwei Stimmen. Das gab der FDP die Möglichkeit, noch einmal Kürzungsanträge zu stellen. Diese wurden auch nur mit dem Stichentscheid der FDP-Nationalratspräsidentin angenommen, mit 96 zu 95 Stimmen.
Neben 151 Millionen bei der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) sollte ausgerechnet bei der humanitären Hilfe für die Ukraine das Messer angesetzt werden (-200 Millionen). Dies, nachdem Bürgerliche in der Debatte immer wieder betont hatten, man sei ja nicht herzlos und werde sicher nicht bei der humanitären Hilfe sparen. Der Ständerat korrigierte auf die -151 Millionen bei der DEZA und verhinderte eine totale Blamage der Schweiz und kalte Stuben in der Ukraine.
Überhaupt spielten Fakten in der Debatte keine Rolle. Etwa die wissenschaftlich eindeutige Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit oder die Tatsache, dass es keinen Bereich in der Bundesverwaltung gibt, wo mehr evaluiert wird und mehr Transparenz herrscht, man also deshalb sehr genau weiss, «was mit dem ganzen Geld im Ausland geschieht». Auch mit frei erfundenen Zahlen über die internationale Zusammenarbeit (IZA) wurde jongliert, es durften dann schon einmal zwei Drittel zu viel sein. Ebenso faktenfrei ist die oft gehörte Aussage, die Armee sei «in den letzten Jahren» zu Gunsten der IZA ausgehungert worden. Dabei war das Wachstum seit 2015 bei der IZA immer geringer (durchschnittlich 1,7%) als das Wachstum des Bundeshaushalts (2,6%), während das Wachstum der Armeeausgaben schon bisher deutlich darüber lag (3,9%). Hunger sieht anders aus und findet anderswo statt.
Es half nicht, dass gleichzeitig mit dem Zahlungsrahmen 2025-2028 auch das (verbindliche) IZA-Budget für 2025 verhandelt wurde. Fürs kommende Jahr wird nun die internationale Zusammenarbeit um 110 Millionen Franken gekürzt. Damit zeigt sich anschaulich, dass Zahlungsrahmen eben nur der Rahmen sind, im dem sich Parlamentarierinnen und Parlamentarier im besseren Licht darstellen können (bzw. im weniger schlechten Licht). Im Budget wurde nämlich auch bei der multilateralen IZA und der Entwicklungszusammenarbeit des SECO gekürzt, die im Zahlungsrahmen verschont worden waren. Und bei der DEZA steht weniger Geld zur Verfügung, als der Zahlungsrahmen erwarten liesse.
Die 30 Millionen Franken, die bei der multilateralen Hilfe fehlen, entsprechen etwa dem gesamten bisherigen Engagement der Schweiz im Kampf gegen Aids, Tuberkulose und Malaria. Das Geld, das bei der bilateralen Zusammenarbeit fehlt, wird ganz konkret bedeuten, dass weniger Schüler:innen in Flüchtlingslagern unterrichtet werden können, Bauernfamilien eine sichere Wasserversorgung im Kampf gegen die Klimakrise fehlt, Jugendlichen ein Ausbildungsplatz und mehr Kinder hungrig zu Bett gehen. Weihnachten sieht anders aus.
Für weitere Informationen:
Andreas Missbach, Geschäftsleiter, Alliance Sud, Tel. +41 31 390 93 30, andreas.missbach@alliancesud.ch