Christian Gemperli, was entscheidet, wo Helvetas in Notsituationen tätig wird?
Wir orientieren uns an klar definierten Kriterien. Etwa am Ausmass der Not und ob die Behörden vor Ort in der Lage sind, die Bevölkerung zu versorgen. Ein wesentlicher Faktor ist, ob wir die finanziellen Mittel für rasche Hilfe mobilisieren können. Auch die Sicherheit unserer Teams spielt eine grosse Rolle.
Wird Helvetas auch in Ländern tätig, wo sie kein eigenes Büro hat?
Helvetas vermeidet es, nur für zwei, drei Monate in ein Gebiet zu gehen. Wir möchten uns dort einsetzen, wo wir an die Nothilfe anknüpfen und uns im Sinne des Nexus, der Verbindung von Humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit, auch am nachhaltigen Wiederaufbau beteiligen können. Wenn sich ein längerfristiges Engagement abzeichnet und wir einen sinnvollen Beitrag leisten können, erwägen wir von Fall zu Fall, uns auch in Ländern zu engagieren, in denen wir vor der Krise nicht präsent waren.
Christian Gemperli, Leiter Humanitäre Hilfe Helvetas
Wo konnte Helvetas 2022 nicht tätig werden?
Ein Beispiel ist Tigray in Äthiopien während des Bürgerkrieges. Da liess die Sicherheitssituation aufgrund der Kämpfe einen Nothilfeeinsatz nicht zu. Nach dem Waffenstillstand sind wir rasch aktiv geworden. Oder die Dürre in Somalia, weil Somalia kein Programmland von Helvetas ist und wir kein Team vor Ort haben. Anders in der Ukraine, wo wir dank unseren europäischen Partnern der Alliance2015 rasch Hilfe leisten konnten, zunächst indirekt und später auch mit einem eigenen Team.
Wo liegt die Stärke von Helvetas?
Wir integrieren immer öfter humanitäre Ansätze in laufende Entwicklungsprojekte. Das hat sich z.B. in Myanmar oder bei der Dürre im Süden Äthiopiens sehr bewährt. Die Spezialist:innen vor Ort stärken auch die Vorbereitung auf mögliche Grosskatastrophen.