Die Corona-Epidemie bringt die Non-Profit-Organisationen der internationalen Zusammenarbeit in eine schwierige Lage. Die Organisationen stehen vor gewaltigen wirtschaftlichen und organisatorischen Problemen. Je nach Auftragsart und thematischem Arbeitsbereich stellen sich unterschiedliche Herausforderungen:
1. Starke Einschränkung oder Stillstand der globalen Operationen
- Einschränkung der operativen Funktionalität in den Ländern aufgrund eingeschränkter Mobilität (Reisebeschränkungen für ausländische und einheimische Mitarbeitende; Landessperren, Ausgangssperren, Selbstisolation und präventive Evakuationen von besonders gefährdeten Mitarbeitenden, etc.).
- Behinderung und teilw. Blockierung der Projektarbeiten: Geplante Einsätze von Experten und lokalen Partnerorganisationen können aufgrund der Reisebeschränkungen und/oder anderen Vorsichtsmassnahmen nicht mehr durchgeführt werden.
- Unterbruch von Projektaktivitäten in fast allen Arbeitsbereichen aufgrund von Schulschliessungen, Versammlungsverboten, Verbot von Trainings, Meetings und Schulungen.
- Strukturkosten bleiben erhalten oder erhöhen sich sogar: Die Arbeitsverträge für lokale und internationale Mitarbeitende laufen weiter, zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen für Mitarbeitende müssen getroffen werden, teilweise fallen zusätzliche Reisekosten für Repatriierung an.
- Auch die Arbeit in der CH ist wegen des Lockdowns stark eingeschränkt. (z.B. Veranstaltungen, Ausstellungen, Kampagnen, etc.) und bedingen Umstellung gewisser Einheiten auf Kurzarbeit.
2. Rückgänge und Verluste von Einnahmen
- Geschätzte Rückgänge der Spendeneinnahmen von Privatperson von 15-30 Prozent. Ausbleiben von Firmenspenden. Kürzungen von Grants als Folge der Entwicklung der Finanzmärkte.
- Bezahlte Beratungsmandate werden annulliert oder auf unbestimmte Zeit verschoben.
- Laufende und budgetierte und angepeilte Aufträge der öffentlichen Hand werden nicht realisiert. Rückgang von Ausschreibungen wurde bereits angekündigt.
- Bei Fortschreiten dieser Einnahmenverluste ist die Existenz mancher NGOs gefährdet. Dies würde eine Schwächung traditioneller, starker und erfahrener Schweizer Entwicklungsorganisationen und ein Verlust von Knowhow und fachlicher Expertise bedeuten.
- Der drohende Verlust von Arbeitsplätzen in der Schweiz und in den Einsatzländern, würde langfristige Folgen haben. Für die wirtschaftliche Rehabilitierung und den Wiederaufbau nach der Krise müssen Mitarbeitende, Fachkräfte und Partner vor Ort funktionsfähig bleiben.
- Die Folgen für die Menschen in den Ländern des Südens, die schwache staatliche Infrastrukturen aufweisen und häufig ohne soziale Absicherungen dastehen, dürften schwerwiegend sein – umso dringender braucht es das Engagement aus dem Norden.
3. Mögliche Beiträge von EZA-Organisationen in der Bekämpfung der Krise in Entwicklungsländern
- Milderung von Pandemierisiken durch Präventionsaktivitäten, die den Schutz vor Infektion fördern (Sensibilisierung der Bevölkerung; Verteilung von Hygienekits mit Desinfektionsmitteln und Seife, Verbreitung von Handwaschstationen, etc.).
- Direkte Unterstützung von existenziell bedrohten Menschen.
- Analyse und Planung von Möglichkeiten, lokale Bevölkerungen nach der akuten Corona-Krise wieder zu stabilisieren und den Wiederaufbau zu ermöglichen.
- In der CH: Sensibilisierungs- und Informationsarbeit bei Bund und anderen Geldgebern für die Situation der Entwicklungsländer.
4. Mögliche Unterstützung durch Stiftungen in dieser Krise
- Flexibilität bezüglich vereinbarter Ziele und Budgetallokation: Beispiele sind die Verschiebung geplanter Projektaktivitäten auf die Zeit nach der Krise zugunsten humanitärer Aktionen, WASH (Wasser und Hygiene) oder Gesundheitsinterventionen
- Flexibilität bei einem allfälligen Übertrag von zugesagten Geldern in den Projekten in die Folgejahre (no-cost extention).
- Toleranz bezüglich des Verhältnisses von Administrations- und Projektkosten (da Lohnkosten verhältnismässig höher sein werden, während Direktkosten teilweise nicht ausgegeben werden können).
- Unterstützung und Stärkung der Partner-NGO durch Vertrauen in deren Arbeit und Gewissenhaftigkeit; Toleranz in Bezug auf Deadlines und Reporting.
Im Moment ist noch schwer abzuschätzen, wie sich die Lage in den Entwicklungsländern weiter entwickeln wird. Die EZA wird sehr flexibel bleiben müssen in den nächsten Wochen und Monaten – die Antworten und Aktivitäten werden sich mit der Krise entwickeln. Die NGOs der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit setzen alles daran, die operative Handlungsfähigkeit so weit wie möglich aufrecht zu erhalten und Ressourcen sowie Aktivitäten der Lage anzupassen. Ebenso erachten die NGOs es als selbstverständlich, ihre Partner zu informieren und in grundsätzliche Entscheide mit einzubeziehen.
Für weitere Informationen steht Helvetas gerne zur Verfügung.
Stefan Stolle, Director Marketing and Communications, Telefon 044 368 65 22
Zürich, 3. April 2020