Als Reaktion auf die nur knapp gescheiterte Konzernverantwortunsinitiative folgten diverse parlamentarische Interventionen sowie das Verbot, Gelder der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) für die Aufklärungs- und Informationsarbeit im Inland einsetzen zu dürfen. Das ist unverständlich - die Sensibilisierung der Schweizer Bevölkerung ist ein wichtiger Bestandteil der Entwicklungszusammenarbeit.
Der Erfolg der Konzernverantwortungsinitiative, der dank der Unterstützung einer Vielzahl von Schweizer NGOs zustande kam, führte zu teilweise scharfen politischen Gegenreaktionen. Dass die Initiative das Volksmehr erreichte und lediglich am Ständemehr scheiterte, kam vor allem für die Gegner unerwartet. Nicht zuletzt deshalb wies Bundesrat Cassis die DEZA an, den Partner-NGOs die Nutzung von Bundesgeldern für Sensibilisierung und Information über ihre Entwicklungszusammenarbeit und über entwicklungspolitische Zusammenhänge zu untersagen. Dies gilt für Gelder aus den «Programmbeiträgen», mit denen die DEZA die Entwicklungsarbeit der Hilfswerke unterstützt. Begründet wurde dies damit, dass sich Informationsarbeit und politische Kampagnen nicht scharf trennen liessen.
Die Haltung des EDA ist unverständlich, haben doch die meisten NGOs laut ihren Statuten den Doppelauftrag, einerseits Entwicklungsprojekte und -programme im Ausland zu fördern und andererseits Aufklärung und Information im Inland zu leisten. Mehr als eine Milliarde Franken an Mitgliederbeiträgen und Spenden setzen sie jährlich für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe ein. In ihren jeweiligen Geschäftsberichten legen sie über ihre Aufgabenbereiche transparent Rechenschaft ab.
Wichtige Arbeit der NGOs
Von 2012 bis 2015 präsidierte ich die Beratende Kommission für internationale Zusammenarbeit des Bundes, zusammengesetzt aus Vertreterinnen und Vertretern von Zivilgesellschaft (NGOs), Privatwirtschaft, Wissenschaft und Parlament. Wir haben in der Kommission um viele aussen- und speziell entwicklungspolitische Themen gerungen und im gegenseitigen Verständnis und Respekt für verschiedene Positionen einvernehmliche Antworten gefunden. Es ging zum Beispiel um die Ausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit, um die Beachtung der Menschenrechte, um Fairness im Handel und Wirtschaftsethik. Dabei wurde immer wieder deutlich, wie wichtig - gerade aus liberaler und sozialer Sicht - die Mitarbeit der NGOs war. Dass es immer verschiedene Anliegen zu vertreten gilt, weiss ich auch aus eigener jahrzehntelanger Erfahrung und Mitwirkung in zahlreichen zivilgesellschaftlichen Organisationen.
Ohne die engagierte Informations- und Aufklärungsarbeit der Zivilgesellschaft im Inland hätte die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit wohl deutlich weniger Rückhalt in der Gesellschaft. Und ohne ihre Pioniertätigkeit in den Anfängen der Entwicklungshilfe Mitte der 1950er Jahre wäre vielleicht die Gründung des damaligen «Dienstes für technische Zusammenarbeit», der heutigen DEZA, erst viel später erfolgt.
Unverständlicher Entscheid
Doch nicht nur die Zivilgesellschaft, sondern auch Bundesrat, Bundesverwaltung und Parlament stehen in der selbstverständlichen Pflicht und Verantwortung, sich für eine kohärente Entwicklungs- und Aussenwirtschaftspolitik einzusetzen. Dazu gehört auch die vertiefte Sensibilisierung und Information der Bevölkerung. Umso unverständlicher ist daher das eingangs zitierte, von Bundesrat Cassis verordnete Verbot. Hinzu kommt, dass der Bund zum Beispiel auch landwirtschaftliche Organisationen, Umweltverbände, Natur- und Landschaftsschutzorganisationen bei ihrer Aufklärungsarbeit im Inland unterstützt. Dies trägt indirekt dazu bei, die entsprechenden Budgets und Rahmenkredite im Parlament politisch mehrheitsfähig zu machen. Gleiches muss auch für die Entwicklungszusammenarbeit gelten.