Manifest für eine verantwortungsvolle Kommunikation der internationalen Zusammenarbeit
Originalwortlaut – 10. September 2020
Die internationale Zusammenarbeit entspringt der Solidarität mit ausgegrenzten und benachteiligten Menschen. Wer über internationale Zusammenarbeit kommuniziert, übernimmt Verantwortung – für die Menschen, die dank der Zusammenarbeit ihre Lebensgrundlagen verbessern, und für jene, die sich solidarisch zeigen. Wir Entwicklungsorganisationen übernehmen diese Verantwortung mit einer kritischen Reflexion der inhaltlichen Ausgestaltung unserer Kommunikation und Spendenwerbung. Diese Reflexion beinhaltet einen kontinuierlichen Lernprozess, in welchen die Menschen, über die wir kommunizieren, ebenso involviert sind wie jene, welche wir mit unserer Kommunikation adressieren.
Deshalb orientiert sich unsere Kommunikation über gesetzliche Vorgaben, ethische Branchenstandards und Leitbilder unserer Organisationen hinaus zusätzlich auch an folgenden Leitlinien:
- Wir vermitteln unser Tun vor dem Hintergrund der Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung. Wir begründen die Motivation für unser Handeln mit unseren Werten, legen damit unser Selbstverständnis offen und schaffen einen Bezug zur Lebensrealität und den Werten der Menschen in der Schweiz. So erklären wir, auf welcher Grundlage und aus welchen Überzeugungen wir handeln und welche Relevanz unser Tun hat.
- Wir vermitteln ein authentisches und wahrhaftes Bild des globalen Südens. Wir erklären den Kontext, in welchem wir tätig sind, und zeigen die strukturellen Ursachen von Armut und Ausgrenzung auf. Wir richten den Fokus auf Nachhaltigkeit und die Veränderung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen. So leisten wir einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung und fördern den faktenbasierten Diskurs über Entwicklung und Zusammenarbeit.
- Wir bedienen uns einer verständlichen, klaren und nachvollziehbaren Sprache. Unsere Kommunikation bleibt über alle Instrumente und Kanäle konsistent und kohärent. Professionalität zeigt sich durch unser Handeln und unsere Wirkung. So schaffen wir Vertrauen.
- Wir erklären unsere Ziele und wie wir diese erreichen. Dabei lassen wir uns von realistischen Zielerwartungen leiten. Unsere Arbeit unterstützt Menschen, ihre Potenziale zu entfalten, ihre Rechte zu stärken und Zugang zu lebensnotwendigen Ressourcen zu erhalten. Wir informieren offen, transparent und selbstkritisch über die Erreichung der Ziele und auch über unser Scheitern. So schaffen wir Glaubwürdigkeit.
- Wir beweisen mit unserer Kommunikation Respekt vor der Würde und den universellen Rechten aller Menschen. Wenn immer möglich lassen wir die Menschen und unsere Partner im Süden selbst zu Wort kommen. Wir zeigen sie als handelnde Partner, die ihre Zukunft in die eigenen Hände nehmen und ihr politisches, wirtschaftliches und soziales Umfeld positiv beeinflussen. So vermeiden wir ein paternalistisches Entwicklungsverständnis, Elendsstereotype und das Bild von passiven Hilfsempfänger/innen.
- Wir liefern der Öffentlichkeit Fakten und Zahlen zu den Herausforderungen des globalen Südens. Wir beleuchten und erklären Hintergründe und Zusammenhänge und widersprechen einseitigen, polemischen und von Partikularinteressen geleiteten Darstellungen des globalen Südens und der internationalen Zusammenarbeit. So überlassen wir die Deutungshoheit nicht allein der Politik und den Medien.
- Wir greifen gesellschaftspolitisch aktuelle Themen auf, welche einen konkreten Bezug von der Entwicklungszusammenarbeit zum konkreten Alltag der Menschen in der Schweiz schaffen. Wir zeigen Handlungsmöglichkeiten auf, um sich für benachteiligte Menschen und gegen ungerechte Strukturen in den Ländern des Südens einzusetzen. Damit erreicht unsere Kommunikation Relevanz und Verankerung bei der einheimischen Bevölkerung. Gleichzeitig treten wir damit in einen relevanten Dialog mit wichtigen Interessengruppen, um unsere Anliegen realisieren zu können.
Dieses Manifest wurde von Alliance Sud mit ihren Träger- und Partnerorganisationen in einem partizipativen Prozess erarbeitet und am 10. September 2020 in Bern verabschiedet.
Folgende Organisationen haben das Manifest unterzeichnet (Stand 15. Juni 2023):