Der UNO-Menschenrechtsexperte Juan Pablo Bohoslavsky kritisiert in einem Bericht die Schweizer Steuerpolitik gegenüber multinationalen Konzernen. In der vom Bundesrat vorgeschlagenen Form könne die Steuervorlage 17 den Menschenrechten schaden. Der Bericht wurde heute an der 37. Sitzung des UNO-Menschenrechtsrats in Genf vorgestellt.
Medienmitteilung der entwicklungspolitischen Dachorganisation Alliance Sud, die von Helvetas und anderen grossen Schweizer Hilfswerken getragen wird.
Im Abschlussbericht zu seinem Besuch in der Schweiz vom letzten Herbst zeigt sich der unabhängige Experte Bohoslavsky besorgt, dass die Neuauflage der vor einem Jahr an der Urne abgelehnten Unternehmenssteuerreform III (neu «Steuervorlage 17») die Wahrnehmung menschenrechtlicher Verpflichtungen von Staaten gegenüber ihren Bevölkerungen gefährden könnte.
Die eidgenössische Vorlage kommt im Frühling in die Parlamentskommissionen und soll alte, international nicht mehr akzeptierte Sondersteuerregime für Unternehmen durch neue steuerliche Anreize für Gewinnverschiebungen in die Schweiz ersetzen. Der UNO-Menschenrechtsexperte zeigt sich in seinem Bericht zur internationalen Steuer- und Finanzpolitik der Schweiz besorgt, dass die Vorlage den schädlichen Steuerwettbewerb auf internationaler Ebene wie auch zwischen den Schweizer Kantonen weiter befeuern könnte. Sowohl in der Schweiz wie vor allem auch in den Ländern des globalen Südens könnte dies gemäss Bohoslavsky die Fähigkeit der Behörden unterlaufen, ihre grundsätzlichen öffentlichen Aufgaben in der Gesundheit, der sozialen Absicherung, der Bildung und der Bereitstellung von Infrastruktur wahrzunehmen. Bohoslavsky fordert deshalb in seinem Bericht die ersatzlose Streichung der alten Schweizer Sondersteuerregime für Unternehmen. Eine Forderung, die auch Alliance Sud, der entwicklungspolitische Think Tank zahlreicher Schweizer Entwicklungsorganisationen, in der kommenden Parlamentsdebatte unterstützen wird.
«Die Besorgnis des UNO-Menschenrechtsexperten über die Schweizer Steuerpolitik für Konzerne kommt nicht von ungefähr», sagt Dominik Gross, Finanzexperte bei Alliance Sud. «Jährlich verlieren Entwicklungsländer gemäss Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) 200 Milliarden Dollar an potentiellen Steuereinnahmen, weil multinationale Unternehmen ihre Gewinne in Tiefsteuergebiete wie die Schweiz verschieben.» Der unabhängige UNO-Experte Bohoslavsky ruft deshalb den Bundesrat dazu auf, umgehend eine Analyse vorzunehmen, die die Risiken der Steuervorlage 17 (SV17) für Gesellschaft und Umwelt untersucht. Eine solche Analyse verlangt bei Geschäften wie der Steuervorlage 17 auch das Schweizer Parlamentsgesetz in den Artikeln 141a) und g).
Link zur 37. Sitzung des UNO-Menschenrechtsrates, 26. Februar bis 23. März, Palais des Nations, Genf.
Für weitere Auskünfte:
Dominik Gross, Finanzexperte Alliance Sud, Tel. +41 78 838 40 79, dominik.gross@alliancesud.ch