Mit grossem Befremden hat Alliance Sud, der entwicklungspolitische Think Tank von Swissaid, Fastenopfer, Brot für Alle, Helvetas, Caritas und Heks, den Vorschlag der vorberatenden Ständeratskommission für die Steuervorlage 17 zur Kenntnis genommen.
Medienmitteilung der entwicklungspolitischen Dachorganisation Alliance Sud, die von Helvetas und anderen grossen Schweizer Hilfswerken getragen wird.
Zwar begrüsst Alliance Sud die vorgesehene Abschaffung der alten Steuerprivilegien für Holdings-, Domizil- und gemischte Gesellschaften. Dominik Gross, Verantwortlicher für internationale Steuer- und Finanzpolitik bei Alliance Sud, macht aber klar: «Mit den heutigen Vorschlägen für die Steuervorlage 17 foutiert sich die Wirtschaftskommission des Ständerates um die globale Verantwortung des Finanz- und Konzernstandortes Schweiz.»
Entwicklungsländer verlieren durch Steueroptimierungen in Form von Gewinnverschiebungen multinationaler Konzerne gemäss Schätzungen von Experten des Internationalen Währungsfonds (IWF) jährlich 200 Milliarden Dollar. Das ist mehr als das jährliche Volumen der gesamten Entwicklungsgelder, die vom globalen Norden in den Süden fliessen. Die vorgeschlagene Einführung neuer Sondersteuerregime wie die für Missbräuche anfällige Patentbox, die zinsbereinigte Gewinnsteuer und weitere Abzugsmöglichkeiten für Forschung und Entwicklung stellen verheerende Anreize für neue solche Gewinnverschiebungen in die Schweiz dar. Die beschlossene Erhöhung des Kantonsanteils an der Bundessteuer auf 20,5 Prozent ist zudem eine entwicklungspolitisch absolut kontraproduktive Subventionierung des interkantonalen und damit auch internationalen Steuerwettlaufs gegen unten. Sie wird einige Kantone dazu verleiten, ihre internationale Rolle als Steuerdumpinggebiete für multinationale Konzerne weiter auszubauen und das Race to the bottom in der internationalen Unternehmensbesteuerung damit anheizen.
Der Einbezug einer zusätzlichen Finanzierung der AHV in die Vorlage ändert aus entwicklungspolitischer Sicht nichts an der Tatsache, dass die Schweiz nach dem Willen der Ständeratskommission ein neues Regime für die Unternehmensbesteuerung bekäme, das einer sozial und ökologisch nachhaltigen globalen Entwicklung enormen Schaden zufügt. Die Wirtschaftskommission des Ständerates hat es verpasst, die Chance für einen steuerpolitischen Paradigmenwechsel einzuleiten. Sie opfert auf dem Altar der politischen Mehrheitsfähigkeit die Gelegenheit, mit einer entwicklungspolitisch verträglichen Unternehmenssteuerreform dem Konzernplatz Schweiz mehr Verantwortung zu übertragen.
Mit seiner parasitären Unternehmenssteuerpolitik trägt das Tiefsteuerland Schweiz dazu bei, dass in Entwicklungsländern dringend notwendige Investitionen in Bildung, Gesundheit, Soziales und Infrastruktur ausbleiben müssen. Für diese Steuerpolitik wurde die Schweiz kürzlich auch vom unabhängigen Experten für Menschenrechte und Finanzfragen der UNO, Juan Pablo Bohoslavsky, in einem Länderbericht scharf gerügt.
Sollte das Plenum des Ständerates den Vorschlägen der vorberatenden Wirtschaftskommission zustimmen, wird Alliance Sud die Steuervorlage 17 in dieser Form bei den bevorstehenden Beratungen im Nationalrat nicht unterstützen können und auf einen grundsätzlichen Umbau der Vorlage hinarbeiten.
Für weitere Auskünfte:
Dominik Gross, Finanzexperte Alliance Sud, Tel. +41 78 838 40 79, dominik.gross@alliancesud.ch