Schweizer Pensionskassen pumpen weiterhin Milliarden in die Kohle-, Erdöl- und Erdgasindustrie. Das steht im Widerspruch zum Pariser Klimaabkommen, das morgen Freitag 4. November in Kraft tritt. Mit der Kampagne «Renten ohne Risiko» fordert die Klima-Allianz Schweiz, dass Pensionskassen innert fünf Jahren Anlagen in fossile Energieunternehmen abstossen, die ihre Geschäftspolitik nicht an die Pariser Klimaziele anpassen.
Medienmitteilung der Klima-Allianz, einem Zusammenschluss von 67 Schweizer Nichtregierungsorganisationen, darunter Helvetas
Investitionen in fossile Energie sind nicht nur ein Risiko für das Klima, sondern auch für die Sicherheit der Altersvorsorge. Der grösste Hebel, mit dem die Schweiz einen Einfluss auf das globale Klima nehmen kann, ist das Geld. Denn Schweizer Ersparnisse tragen dazu bei, die Erde weiter aufzuheizen. Die Schweizerinnen und Schweizer haben den Pensionskassen rund 767 Milliarden Franken anvertraut.
Die Art und Weise wie in der Schweiz die Altersvorsorge organisiert ist, untergräbt die politischen Bemühungen, das Klima zu schützen. Gemäss einer Studie des Bundesamtes für Umwelt verursachen die Investitionen von Schweizer Pensionskassen gleich viel CO₂, wie wir in der Schweiz insgesamt (pro Jahr) ausstossen.
Wer heute in CO₂-intensive Anlagen investiert, geht ein erhebliches Risiko ein. Die Umsetzung der in Paris beschlossenen Klimapolitik führt zu drastischen Wertverminderungen von Anlagen in fossilen Energieträgern. Denn das globale Klimaabkommen schreibt vor, dass ein Grossteil der fossilen Energien im Boden und für immer ungenutzt bleiben muss.
Die Kampagne «Renten ohne Risiko» hilft den Versicherten, sich direkt an ihre Pensionskasse zu wenden. Auf der Website www.renten-ohne-risiko.ch sind alle Kontaktangaben Schweizerischer Kassen hinterlegt, um ein persönliches E-Mail an die eigene Vorsorgeeinrichtung zu schicken.
Mit der E-Mail-Aktion sind drei Forderungen verknüpft: Die Pensionskassen sollen von Unternehmen mit hohem Treibhausgasausstoss ein mit dem Pariser Klimaabkommen kompatibles Lobbying verlangen. Sie sollen zudem mit ihren Stimmrechten eine Geschäftspolitik einfordern, die das Abkommen respektiert. Und sie sollen Kohle-, Erdöl- und Erdgasunternehmen, welche die Forderungen nicht erfüllen, innert fünf Jahren desinvestieren.
Weitere Informationen:
Christian Lüthi, Geschäftsleiter Klima-Allianz Schweiz, +41 76 580 44 99
Patricia Letemplé, Leiterin Kommunikation «Renten ohne Risiko», +41 78 808 91 28
Dokumente zum Download und weiterführende Links:
Webseite der Klima-Allianz
Grafik Klimahebel
Videoclip
Trends fossiler Anlagen erkennen
Strassenaktion mit CO₂-Dreckwolke
Zeit: 04.11.16, 12:15 Uhr
Ort: Paradeplatz Zürich
Bild: AktivistInnen der Klima-Allianz installieren eine riesige (5 m hoch), pechschwarze CO2-Dreckwolke. Sie steht für das klimaschädliche Geschäft der Pensionskassen mit fossilen Anlagen.
Interview (vor Ort): Christian Lüthi, Geschäftsleiter Klima-Allianz Schweiz, +41 76 580 44 99
HINTERGRUND Die Kohlenstoffblase: eine Gefahr für die Renten
Die Investitionen von Pensionskassen laufen nicht nur den globalen und den nationalen Klimazielen entgegen. Sie sind auch ökonomisch gefährlich. Es ist unbestritten, dass die in Paris beschlossene Klimapolitik nur umgesetzt werden kann, wenn der grösste Teil der Reserven an fossilen Brennstoffen im Boden bleibt und nicht verbrannt wird. Diese Reserven aber bilden das Kapital der globalen Konzerne, welche fossile Reserven in ihren Bilanzen ausweisen oder deren Geschäftsmodell darauf basiert.
Wenn sie die fossilen Reserven nicht verwenden dürfen, schrumpft ihr Kapitalwert dramatisch. Darum sind viele Energiekonzerne gemessen an den globalen Klimazielen stark überbewertet. Man spricht von einer Kohlenstoffblase («carbon bubble»).
Mit jedem weiteren Franken, der in Öl-, Gas- und Kohlefirmen investiert wird, wächst diese Blase genauso wie das potenzielle Klimaproblem. Das Ziel, die Erwärmung auf 2 °C bzw. möglichst auf 1.5 °C zu begrenzen, steht in diametralem Widerspruch zum Geschäftsmodell der fossilen Grosskonzerne wie ExxonMobile, Shell, BP und Glencore. Wenn die Regierungen wie die Schweiz ihre Ziele durchsetzen, dann werden die Aktienpreise dieser Unternehmen tief fallen und das Ersparte von Schweizerinnen und Schweizern gefährden.
Wegen der Risiken haben sich erste Schweizer Pensionskassen entschieden zu desinvestieren. Die Pensionskasse des Bundes PUBLICA, mit einem Anlagevolumen von CHF 36.6 Milliarden die grösste Pensionskasse der Schweiz, schliesst seit Februar 2016 Unternehmen aus, die auf die Produktion von Kohle spezialisiert sind. Die Stiftung Abendrot mit einem Anlagevolumen von CHF 1.5 Milliarden schliesst fossile Energie und insbesondere die Carbon Underground 200 aus. Die Pensionskasse NEST mit einem Anlagevolumen von CHF 2.1 Milliarden investiert seit Jahren ohne Anlagen in fossile Energie.