Der Ständerat hat heute über die Einführung der OECD-Mindeststeuer in der Schweiz entschieden. Er will damit ausgerechnet die Tiefsteuerkantone belohnen. Alliance Sud verlangt vom Nationalrat eine Korrektur und die Rückverteilung eines Teils der Zusatzeinnahmen in die Länder, in denen Schweizer Konzerne mit Hilfe der hiesigen Tiefsteuerpolitik Steuern vermeiden. Andernfalls kann Alliance Sud diese Vorlage in der Volksabstimmung vom kommenden Jahr nicht unterstützen.
Medienmitteilung der entwicklungspolitischen Dachorganisation Alliance Sud, die von Helvetas und anderen grossen Schweizer Hilfswerken getragen wird.
Eigentlich wollte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mit der Einführung der Mindeststeuer das internationale Konzernsteuersystem fairer gestalten und die Besteuerung von multinationalen Konzernen in Staaten verbessern, die von massiver Steuervermeidung dieser globalen Unternehmen betroffen sind. Der Ständerat will von diesem Ziel aber nichts mehr wissen. Im Gegenteil: Die Mehreinnahmen sollen nun vor allem jenen Schweizer Tiefsteuerkantonen zu Gute kommen, die ihren Firmen das Steuerdumping in anderen Ländern erst ermöglichen: Er will nämlich 75% der zusätzlichen Einnahmen den Kantonen überlassen. Auf Grund der Ausgestaltung der nationalen Ergänzungssteuer (lesen Sie hier unser Analysepapier dazu), mit der die OECD-Mindeststeuer in der Schweiz umgesetzt werden soll, profitierten davon just Steuerdumping-Kantone wie Zug, Waadt oder Basel-Stadt.
Die Interessenverbände der Konzerne, die bürgerliche Mehrheit des Ständerates und Regierungs-VertreterInnen aus den Tiefsteuerkantonen wollen die Mindeststeuer-Mehreinnahmen den Konzernen im Rahmen von Standortförderungsmassnahmen zudem wieder zurückgeben. Aus Sicht von Alliance Sud, dem Schweizer Kompetenzzentrum für internationale Zusammenarbeit und Entwicklungspolitik, torpediert dieser Ansatz die Idee der OECD-Mindeststeuer vollumfänglich. Dominik Gross, Experte für Steuerpolitik bei Alliance Sud, sagt: «Der Ständerat will mit den Konzernen ausgerechnet jene belohnen, die das Steuerdumping vorantreiben. Damit das nicht passiert, muss der Nationalrat nun korrigieren und einen möglichst hohen Anteil der Zusatzeinnahmen dem Bund zuweisen.»
Mehr Geld für die Klimafinanzierung oder die internationale Zusammenarbeit
Alliance Sud verlangt sodann, dass diese Mehreinnahmen beim Bund zu einem fairen Anteil an jene Länder zurückfliessen müssen, aus denen die Gewinne verschoben werden, weil multinationale Konzerne in der Schweiz von Dumping-Steuersätzen profitieren. Dies kann über zusätzliche Zahlungen an die internationale Klimafinanzierung der UNO oder durch eine entsprechende Erhöhung des Bundesbudgets für die internationale Zusammenarbeit geschehen.
Dominik Gross: «Sollte die Schweiz sämtliche ihrer Zusatzeinnahmen für sich beanspruchen, kann Alliance Sud diese Vorlage in der Volksabstimmung, die für Juni 2023 vorgesehen ist, nicht unterstützen, da sie mit einer solchen Umsetzung den Produktionsländern von Schweizer Konzernen gar nichts oder sogar Nachteile bringt.»
Mehr Informationen:
Dominik Gross, Experte Steuerpolitik Alliance Sud, dominik.gross@alliancesud.ch, Tel. 078 838 40 79