Die Schweizer Entwicklungsorganisation Helvetas ist besorgt über die Ankündigung, dass die Rückführung der Rohingya-Flüchtlinge von Bangladesch nach Myanmar morgen, 15. November, beginnen soll. Als eine von 42 Organisationen, die in Myanmar und Bangladesch tätig sind, hat sich Helvetas mit einem Aufruf an die Regierungen der beiden Länder gewandt. Gemeinsam erinnern die NGOs Bangladesch und Myanmar daran, dass sie sich verpflichtet haben, Rohingya-Flüchtlinge nur dann zurückzuschicken, wenn es die Sicherheitslage erlaubt und wenn die Rückkehr freiwillig und würdevoll erfolgt.
((Wortlaut des Aufrufs von Helvetas und 41 Organisationen, übersetzt aus dem Englischen))
Humanitäre und zivilgesellschaftliche Organisationen, die in Myanmar und in den Rohingya-Flüchtlingslagern in Bangladesch tätig sind, sind sehr besorgt, dass die Rückführung der Rohingya-Flüchtlinge am 15. November beginnen könnte, wie eine Arbeitsgruppe der Regierungen von Bangladesch und Myanmar am 30. Oktober bekannt gegeben hat. Die Regierungen von Myanmar und Bangladesch haben den Flüchtlingen und der internationalen Gemeinschaft versichert, dass die Rückführung nur dann stattfindet, wenn sie sicher, auf freiwilliger Basis und in Würde erfolgt. Helvetas fordert beide Regierungen auf, ihre Versprechen einzuhalten.
UNO: Rohingya-Rückkehr wäre verfrüht
Die Vereinten Nationen haben wiederholt erklärt, dass die Bedingungen in Myanmar für eine Rückkehr noch nicht günstig sind. Flüchtlinge fliehen weiterhin aus Myanmar, und es wäre verfrüht, ihre Rückführung jetzt voranzutreiben. Die unfreiwillige Rückkehr von Flüchtlingen aus Bangladesch nach Myanmar, wo ihr Leben und ihre Sicherheit weiterhin ernsthaft bedroht sind, stellt einen Verstoss gegen das «Non-Refoulement»-Prinzip dar. Die Flüchtlinge haben uns immer gesagt, dass sie nach Hause, in ihr Herkunftsland oder in das Land ihrer Wahl zurückkehren wollen. Sie wollen die Gewähr, dass sie gleiche Rechte und die Staatsbürgerschaft erhalten. Und dass die extremen Menschenrechtsverletzungen, die sie erlitten haben, aufhören und die Verantwortlichen für die Gewalt, vor der sie geflohen sind, vor Gericht gestellt werden. Sie wollen in Myanmar nicht wie Gefangene behandelt werden, die sich nicht frei bewegen können, keinen Zugang zu lebenswichtigen Dienstleistungen und Lebensgrundlagen erhalten. Sie befürchten, dass die Situation so bleibt, wie im Gliedstaat Rakhine, wo 128‘000 Rohingya und andere Musliminnen und Muslime seit mehr als sechs Jahren in Lagern untergebracht sind, ohne Bewegungsfreiheit.
Rohingya-Flüchtlinge haben Angst vor der Rückkehr
Vor allem sagen uns die Flüchtlinge, dass sie Angst haben. Sie sind nach Bangladesch geflohen, um Zuflucht zu suchen, und sie sind sehr dankbar, dass die Regierung von Bangladesch sie ihnen gewährt hat. Nun haben sie aber Angst, was mit ihnen passieren könnte, wenn sie jetzt zurück nach Myanmar geschickt werden, zumal sie keine genauen Informationen erhalten haben.
«Wir wollen wirklich nach Hause, aber nicht ohne die Staatsbürgerschaft zu erhalten... Sie müssen uns die Staatsbürgerschaft und ein normales Leben geben, wie sie andere Menschen in Myanmar auch haben... Sie müssen uns in Frieden leben lassen und dürfen uns nicht weh tun.»
«Ich habe einen Bruder in Myanmar... Sie haben immer noch Angst, nachts zu schlafen. Sie haben immer Angst davor, in ihren Betten getötet zu werden. Nachdem wir dank der Götter und der Regierung von Bangladesch hierhergekommen sind, können wir wieder schlafen. Aber mein Bruder kann nachts nicht schlafen.» (Flüchtlingsfrau, Mitte 30, die im Flüchtlingslager in Bangladesch lebt.)
Das UNHCR muss eine Schlüsselrolle im Rückkehrprozess spielen
Als die für den Flüchtlingsschutz zuständige Agentur der Vereinten Nationen muss das UNHCR seine Schlüsselrolle bei jedem organisierten Rückkehrprozess spielen. Insbesondere durch die Bereitstellung objektiver, aktueller und genauer Informationen in den relevanten Sprachen und in geeigneten Formaten, die es den Flüchtlingen ermöglichen, wirklich freie und sachkundige Entscheidungen über die Ausübung ihres Rückkehrrechts zu treffen; und auch indem ihre Zustimmung eingeholt wird und sichergestellt ist, dass die grundlegenden Bedingungen erfüllt sind.
Wir fordern die Regierungen von Bangladesch und Myanmar auf, ihre Verpflichtungen einzuhalten und dafür zu sorgen, dass die Flüchtlinge in Bangladesch freie Entscheidungen für die Rückkehr treffen können, die auf umfassenden und unparteiischen Informationen über die Lage im Gliedstaat Rakhine beruhen. Die UN-Organisationen sollten ungehinderten Zugang zu allen Teilen von Rakhine haben, um diese Informationen bereitstellen und die Situation in Gebieten mit potenzieller Rückkehr überwachen zu können.