«Seit meiner Kindheit war die Hauptsorge meiner Familie, wie wir überleben sollen. Der Boden auf unseren Feldern in Dolakha (ein Distrikt östlich von Kathmandu am Fuss des Himalajas) war so schlecht, dass wir nicht einmal das halbe Jahr die Familie damit durchbringen konnten. Für Fragen rund um Schule und Bildung war in der Not kein Platz. Die reguläre Schulzeit habe ich gemacht. Schon als Jugendlicher arbeitete ich auf fremden Feldern, damit ich Schulmaterial kaufen konnte. Aber weiter zur Schule zu gehen lag schlicht nicht drin und ich habe auch keinerlei Ausbildung machen können.
Vor 13 Jahren, mit knapp 20, kam ich nach Kathmandu. Heute verkaufe ich hier auf der Strasse Sonnenbrillen, Uhren und andere kleine Geschenkartikel an Buspassagiere. Ich habe grosse Mühe durchzukommen. Es reicht hinten und vorn nicht. Ich muss meine Frau und unsere vierjährige Tochter versorgen, und meine Eltern im Dorf brauchen meine Unterstützung, etwa wenn sie krank werden.
Für meine Ware habe ich einen Kredit von 16'000 Rupien (CHF 130) aufgenommen. Ich wünschte, ich könnte mehr investieren, um auf einen grünen Zweig zu kommen. Und hätte ich einen festen Standort, wäre ich erfolgreich in diesem Geschäft. Aber das geht nicht. Die Polizei macht uns das Leben schwer, der Strassenverkauf ist streng geregelt.
Was ich für Chancen in meinem Leben bekommen habe? Offen gesagt: Gar keine, die mir ermöglicht hätten, eine bessere Zukunft aufzubauen. Hätte ich länger zur Schule gehen können, wäre ich heute sicher besser dran. Nach wie vor möchte ich noch eine Ausbildung machen. Aber Vollzeit ist undenkbar, ich muss arbeiten, um meine Familie durchzubringen. Ihr Überleben hängt von mir ab.
Doch meine Tochter soll auf jeden Fall zur Schule gehen und eine gute Ausbildung bekommen. Am besten etwas Technisches. Sie soll nie so leiden müssen, wie ich jetzt leide.»