Am 12. Januar 2010 bebte in Haiti die Erde. Helvetas war eine der Schweizer Organisationen, die sofort nach der Katastrophe Nothilfe und Wiederaufbau leisteten. Die Hilfe zeigt Wirkung bis heute. Noch immer aber ist Haiti einer der fragilsten Staaten weltweit und auf Unterstützung angewiesen.
Das verheerende Erdbeben der Stärke 7,0 kostete vor zehn Jahren Hunderttausenden in Haiti das Leben. Die internationale Solidarität war gross. Die Schweizer Entwicklungsorganisation Helvetas war bereits seit über 20 Jahren vor Ort präsent. Schnell konnte sie – mit Unterstützung der Glückskette – Nothilfe und bald auch Wiederaufbauhilfe vor Ort leisten.
Helvetas kannte die Verhältnisse und passte die humanitären Massnahmen den konkreten Bedürfnissen der Menschen an. In einer halbjährigen Nothilfephase unterstützte Helvetas die Landbevölkerung im Departement Artibonite nördlich der Hauptstadt. Hier räumten Dorfbewohnerinnen und -bewohner sowie Katastrophengeflüchtete die Strassen und sicherten die Hänge. Die Gemeinden koordinierten die Arbeiten, lokale Banken überwiesen die Gehälter. Damit waren die Behörden in die Katastrophenbewältigung eingebunden, was sie in ihrer Funktionsfähigkeit stärkte.
In der Wiederaufbauphase von 2011 bis 2016 arbeitete Helvetas westlich von Port-au-Prince in Petit-Goâve. Helvetas unterstützte die Bevölkerung dabei, die Wasserversorgung wiederherzustellen. Zerstörte Quellen wurden saniert und Wasserspeicher wiederaufgebaut. Helvetas unterstützte zudem die Sanierung des Strassennetzes, damit die Frauen auf den Markt, die Kinder zur Schule gelangen konnten und das Gesundheitszentrum wieder erreichbar war. Später leistete Helvetas Katastrophenvorsorge, indem Wassereinzugsgebiete wiederaufgeforstet und Behörden für Katastrophen geschult wurden.
Von Haiti gelernt
Helvetas verknüpfte die kurzfristige Nothilfe mit längerfristiger Entwicklungszusammenarbeit. Die Menschen konnten beispielsweise durch den Strassenbau und die Hangsicherungen ein Einkommen erwirtschaften und wurden deshalb weniger abhängig von Hilfe von aussen. Die Bevölkerung übernahm – unterstützt durch Impulse von Helvetas – selbst Verantwortung für eine lebenswerte Zukunft.
Nach dem Erdbeben in Haiti hat Helvetas Mitarbeitende in anderen Partnerländern weitergebildet und Vorbereitungen getroffen, um im Katastrophenfall schneller und effizienter helfen zu können. Seither hat Helvetas einen Nothilfe-Fonds und Fachpersonen für Nothilfe. Helvetas leistete dann 2015 nach dem Erdbeben in Nepal umfangreiche Sofort- und Wiederaufbauhilfe. Und seit 2018 engagiert sich das Hilfswerk auch im derzeit weltweit grössten Flüchtlingslager in Bangladesch für die Rohingya und die ansässige Bevölkerung.
Schweizer Nothilfe hat gewirkt – doch die Lage bleibt angespannt
Die Hilfsprojekte von Helvetas in Haiti wurden grösstenteils von der Glückskette unterstützt. Die Spendensammelorganisation konnte dank der grossen Solidarität der Schweizer Bevölkerung mit knapp 63 Millionen Franken 91 Projekte finanzieren, die Helvetas und 20 weitere Partnerhilfswerke realisierten. Eine umfangreiche, unabhängige Wirkungsanalyse bestätigt nun die Wirksamkeit der Schweizer Nothilfe: 92 Prozent der befragten Haushalte führen die wichtigste Veränderung ihres Lebens auf die von der Glückskette unterstützten Projekte zurück. 90 Prozent der Umfrageteilnehmenden konnten dank dieser Hilfe ihre Grundbedürfnisse abdecken und ihre Existenzgrundlage wiederherstellen.
Haiti ist heute nach wie vor das ärmste Land der westlichen Hemisphäre und noch immer abhängig von internationaler Hilfe. Die jüngsten Unruhen verdeutlichen, wie angespannt die politische, wirtschaftliche und soziale Lage im Land ist. Umso wichtiger ist die wirkungsvolle Arbeit von Helvetas. Die Auswirkungen des Hurrikans Matthew hätten ohne die Katastrophenvorsorge weit schlimmer sein können. Aufforstungs- und Naturschutzprojekte bieten Fischern und Kleinbauernfamilien ein zusätzliches Einkommen – und sensibilisieren sie für die Umwelt. Ein praxisorientiertes Berufsbildungsprojekt hilft jungen Menschen, einen Job zu finden und so für ihre Familien in Haiti zu sorgen.
Die Schweiz unterstützte bis anhin zahlreiche wichtige Projekte in Haiti. Nun möchte sich der Bundesrat bis 2024 aus dem Land zurückziehen. Helvetas wehrt sich zusammen mit anderen Organisationen dagegen. Noch braucht es die Unterstützung, damit Bevölkerung und Behörden ihr Land selbst wiederaufbauen und gestalten können.